Benedikt Simon, ein Defense End, der seine Knochen Anfang des Jahrhunderts für die Panther hingehalten hat, haben wir ein paar Fragen gestellt. Wie wir finden, ein sehr interessantes Interview, das im nächsten Stadionheft erscheint. Übrigens. Stichwort Stadionheft. In jedem Heft sind tolle Stories und Infos, die sonst nicht veröffentlicht werden. Es lohnt sich also immer ein Heft zu kaufen.
GAMEDAY MAG – Benedikt Simon. Lange ist es her, dass Du bei den Panthern gespielt hast. Was machst Du jetzt? Wie geht es Dir?
Benedikt Simon – Hallo Marco, in der Tat ist es jetzt schon über ein Jahrzehnt her – auch wenn es sich oft wie gestern anfühlt. Ich habe den Sport nach dem Football komplett aufgegeben und mich auf Uni und Karriere konzentriert. Heute bin ich einer von vier Geschäftsführern der MEDIAN Kliniken. Wir machen mit 120 Kliniken und Einrichtungen rund 1 Milliarde Euro Umsatz, damit sind wir größter Betreiber im Bereich der Rehabilitation in Deutschland. In Düsseldorf haben wir zwei ambulante Einrichtungen.
GAMEDAY MAG – Dann bist Du ja jetzt beruflich ganz schön erfolgreich. Hat Dir die Panther-Zeit auf diesem Weg geholfen?
Benedikt Simon – Ich habe beim Football unheimlich viel gelernt, was mir heute sehr hilft und mich auf dem Weg begleitet hat: Zu allererst Teamspirit. Teamspirit heißt für mich nicht nur, dass ich teamfähig sein muss und andere motivieren muss an ihre Grenzen zu gehen, sondern dass ich für meine Projekte die Teams richtig zusammenstelle. Im Football lebt das Team ja gerade von den unterschiedlichen Qualitäten der Spieler auf den verschiedenen Positionen; klein und flink, groß und stark. Am Ende muss man die Vorteile aller im Team an der richtigen Stelle einsetzen und kommt gemeinsam zum Erfolg. So ist es auch im Job. Für mich persönlich habe ich eine gewisse Härte mir selber gegenüber bewahrt und den Willen jeden Tag an meinen eigenen Schwächen zu arbeiten. Ich war immer undersized für die DE-Position und konnte das nur durch viel eigenes Lauf- und Krafttraining kompensieren. Dass man selber nur weiterkommt, wenn man mit den Besten spielt, ist auch ein wichtiger Bestandteil: Hier war es immer gut mit und gegen bessere zu trainieren. In der Jugend stand mir im Training Sebastian Vollmer gegenüber, das war Play für Play eine Herausforderung. Aber man muss sich auch von anderen etwas abschauen und sich helfen lassen. Als ich in die Erste Mannschaft kam, konnte ich mit Christian Mohr zusammen trainieren. Der ist ja dann später bei diversen NFL-Teams im Practice Squad gewesen. Er hat mir viel beigebracht. Ganz praktisch profitiere ich vom Football heute in der mentalen Vorbereitung auf wichtige oder besonders schwierige Business-Termine. Das ist noch heute wie damals vor wichtigen Spielen; eine Dose Red Bull und Eminem mit „Lose Yourself“ auf den Kopfhörern. Ich denke, dass es hier aber vielen so geht wie mir. Wenn ich mich auf Xing umschaue sehe ich, dass viele Mitspieler von damals sehr erfolgreich im Beruf sind.
GAMEDAY MAG – Hast Du noch Kontakt zu Deinen ehemaligen Mitspielern bei den Panthern?
Benedikt Simon – Engeren Kontakt habe ich leider nur noch zu Marius Toborek. Ich denke es gibt nur ganz wenige Menschen, mit denen mich eine so enge Freundschaft verbindet wie mit ihm – leider sehen wir uns nicht so häufig, wie ich es mir wünsche. Aber ich bin wahnsinnig stolz Patenonkel seiner Tochter zu sein. Sie ist wirklich eine ganz Süße. Er hat mich damals zu den Panthern geholt und DE auf der anderen Seite gespielt als wir 2002 endlich wieder eine Jugendmeisterschaft nach Düsseldorf holen konnten. Er ist in der Ersten Mannschaft dann LB geworden und wir haben daher oft auf der gleichen Seite gespielt.
GAMEDAY MAG – Wenn Du an Deine Zeit im Football zurück denkst: Woran denkt man da?
Benedikt Simon – Das sind viele kleine Sequenzen, die einen gerne zurück denken lassen: das Stürmen von Burger King Filialen auf der Heimfahrt von Berlin, wenn der Mannschaftsbus endlich irgendwo an einer Raststätte anhält, weil der Fahrer Pause machen muss (lacht); Trainings im Regen; die Anspannung, wenn der Kicker im Kick-off-Team den Arm senkt, um das Zeichen zum Anlaufen zu geben; die Freude über die Interception des DBs; an der Sideline mit zu jubeln, wenn die Offense das nächste Firstdown geholt hat; das Abklatschen mit den vom Spielfeld zurückströmenden Offense-Spielern, wenn man nach einem TD für den Extrapunkt im Special-Team ran muss; Coaches, die einen in der Halbzeitpause zusammenfalten, weil man das Outside-Contain nicht gehalten hat; einem abgekämpften Mitspieler im vierten Quarter zwischen den Plays in die Augen zu schauen und zu wissen, dass er, wie man selber, alles geben wird, um im nächsten Spielzug die gegnerische Offense für Loss zu stoppen; in vollkommener Erschöpfung nach dem Spiel auf dem Rasen zu liegen und zu wissen, dass man alles gegeben hat und die Schmerzen am Tag nach dem Spiel.
GAMEDAY MAG – Wie siehst Du das Verletzungsrisiko beim American Football?
Benedikt Simon – Im Moment wird viel über Verletzungen des Gehirns bei den harten Tackles geschrieben. Ich finde dies wahnsinnig schwer zu bewerten. Als ich den Film „Concussion“ gesehen habe, hat mir dies schon zu denken gegeben. Ich selber habe sicherlich in meiner Karriere sechs bis sieben Gehirnerschütterungen mitgenommen. Die meisten davon aber in der Jugend als ich noch in Leverkusen gespielt habe. Wir sind dort nicht so gut ausgebildet worden und das hat sicherlich dazu beigetragen, dass wir unvorsichtig in den Kontakt gegangen sind. Ich denke, dass eine gute technische Ausbildung bereits in den ganz jungen Altersgruppen entscheidend ist. Das haben die Panther immer sehr gut gemacht. Davon konnte ich auch profitieren, als ich dann gewechselt bin. Auch hat sich die Technik der Helme unheimlich weiterentwickelt, das darf man nicht vergessen. Die neuen Helme sind hier viel besser als das Material, das wir damals hatten. Am Ende des Tages ist Football aber ein Voll-Kontaktsport und da kann immer etwas passieren. Bei mir war es ja auch am Ende die Fraktur der rechten Mittelhand im Relegationsspiel in Kiel – mit verpfuschter OP –, die meine Footballlaufbahn beendet hat.
GAMEDAY MAG – Was ist bei der OP schiefgelaufen? Ist die Hand wieder vollständig genesen oder merkst Du die Verletzung noch?
Benedikt Simon – In der Operation ist der Wurzelknochen meines rechten Zeigefingers nicht im richtigen Winkel repositioniert worden. Daher läuft der Finger nicht parallel mit den anderen. Im Job stört mich dies aber nicht. Den Arzt habe ich später verklagt und tatsächlich gewonnen, aber geholfen hat das letztendlich auch nicht. Mit der Hand kann ich nicht mehr voll zugreifen und das war für mich das Ende meiner Football-Karriere – wobei Shaquem Griffin von den Seattle Seahawks gerade zeigt, dass keine Einschränkung eine Hürde sein muss, wenn man nur will. Er beeindruckt mich wahnsinnig.
GAMEDAY MAG – 2005 standen die Panther ja in der Relegation gegen die Kiel Baltic Hurricanes. Welche Erinnerungen hast Du an diese Spiele?
Benedikt Simon – Wir hatten zu Hause mit starker Unterstützung der Fans 33:14 gegen ebenbürtige Hurricanes gewonnen, fuhren somit nur mit einem knappen Vorsprung nach Kiel. An das Spiel vor Ort kann ich mich aber ehrlicherweise nicht so gut erinnern. Ich hatte mir die Mittelhand-Fraktur am Ende des ersten Quarters zugezogen und dann irgendwie durchgespielt – am Ende haben wir 10:7 gewonnen, das war alles was gezählt hat. Noch bessere Erinnerungen habe ich aber an die Relegation 2003. Das war mein erstes Jahr in der Ersten Mannschaft. Die Panther hatten nach dem Zwangsabstieg sich in den Jahren davor wieder in die GFL‑2 hochgekämpft und wir hatten in der Saison alle Spiele gewonnen. Die Relegation war dann gegen die Assindia Cardinals. Das Hinspiel war in Essen, wir waren unendlich motiviert. Im ersten Drive der Cardinals hat Christian Mohr einen Fumble geforced, den ich recovern konnte. Wir stiegen dann auf.
GAMEDAY MAG – Die Panther haben sich damals als Erstligist durchsetzen können, unterlagen aber ein Jahr später wieder den Kielern in der Relegation. Inzwischen gewinnt fast immer der Zweitligist. Wie kannst Du Dir das erklären?
Benedikt Simon – Ich glaube, als potentieller Aufsteiger ist man einfach motivierter. Gegen Essen war klar, dass wir nichts zu verlieren haben und wir hatten den psychologischen Vorteil, eine gute Saison gespielt zu haben während die Cardinals nur einen Sieg hatten. Dieser mentale Aspekt ist bestimmt nicht zu unterschätzen.
GAMEDAY MAG – Du arbeitest in Berlin. Schaust Du Dir die Panther-Spiele in Berlin an?
Benedikt Simon – Ja, das tue ich. Dieses Jahr habe ich es nicht geschafft, aber letztes Jahr war ich auch in Potsdam gegen die Royals dabei. Wenn das Heimspiel gegen die Huskies nun ähnlich gut läuft wie das erste Relegationsspiel, kann ich die Panther nächstes Jahr gleich zweimal sehen. Darauf freue ich mich schon jetzt.
Marco Block hat das Interview geführt.