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Ein Gro­ßer des Foot­balls – Wal­ter Roh­lfing ist viel zu früh ver­stor­ben

6. Januar 2020
Jürgen Nitsch

Der Foot­ball in Deutsch­land und die Düs­sel­dorf Pan­ther haben einen ihrer wich­tigs­ten Pio­niere ver­lo­ren. Nach lan­ger, schwe­rer Krank­heit ist Wal­ter Roh­lfing am 2. Januar im Alter von 63 Jah­ren ver­stor­ben. ‚Rolle‘ Roh­lfing gehörte zu den ‚Ur-Pan­thern‘, dem ers­ten Düs­sel­dor­fer Team im Jahre 1979, und hat in den fol­gen­den mehr als 30 Jah­ren den deut­schen und euro­päi­schen Foot­ball als Spie­ler. Spie­ler­trai­ner und vor allem auch als Trai­ner und Talen­tent­de­cker und  –För­de­rer ent­schei­dend geprägt. Neben fünf deut­schen Meis­ter­ti­teln, zwei World­bowl-Tri­um­phen in der NFL Europe mit Rhein Fire und den Erfol­gen mit der deut­schen National­mannschaft bei den World Games 2005 und den Euro­pa­meis­ter­schaf­ten 2001 und 2010  freute Wal­ter sich beson­ders über die (1998 ver­lie­hene) Ehren­mit­glied­schaft bei den Pan­thern und die Auf­nahme in die deut­sche Fans Foot­ball Hall of Fame im ver­gan­ge­nen Som­mer.

Aus gesund­heit­li­chen Grün­den hatte er sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren weit­ge­hend aus der Öffent­lich­keit zurück­ge­zo­gen. Was ihn aber nicht daran hin­derte, das Gesche­hen um ‚seine‘ Pan­ther wei­ter inten­siv und in gewohn­ter Manier stets sach­lich, aber auch kri­tisch zu ver­fol­gen und mit Freun­den und Bekann­ten zu dis­ku­tie­ren. Trotz sei­ner lang­wie­ri­gen Krank­heit traf die Nach­richt von sei­nem Tod die Düs­sel­dor­fer und die gesamte deut­sche Foot­ball-Welt als ein Schock. Die Pan­ther wer­den ihm ein ehren­des Andenken bewah­ren.

Lange Fas­sung:

Als frü­he­rer Leis­tungs­schwim­mer wusste ‚KDC‘ (Klei­ner dicker Cen­ter), wie ihn seine Mit­strei­ter lie­be­voll neck­ten, von Beginn sei­ner Lauf­bahn auf dem Gri­di­ron durch viel Ein­satz­geist in jeder Trai­nings­ein­heit zu über­zeu­gen. Vor allem die viel­fäl­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen jen­seits des Spiel­fel­des, in Trai­nings- und Tak­tik­pla­nun­gen und Vor­be­rei­tung übten eine enorme Fas­zi­na­tion auf ihn aus und weck­ten seine Neu­gierde und Wis­sens­durst. Wal­ter, in der Offense Line als Cen­ter ohne­hin die zen­trale Figur, wurde – nicht immer zur Freude sei­ner Mit­spie­ler und Trai­ner – zum im posi­ti­ven Sinne Foot­ball-Ver­rück­ten. Frei nach Kon­stan­tin Wecker war sein Motto: „Genug ist nicht genug, genug kann nie genü­gen.“

Bezeich­nend: Bereits 1982 über­nahm Wal­ter das Nach­wuchs­team als Coach und führte die Pan­ther Roo­kies auch prompt zur Meis­ter­schaft. Nach den Lehr­jah­ren mit sei­nem Men­tor Steve Moore avan­cierte er in der dama­li­gen Bun­des­liga nach Ste­ves beruf­lich beding­ter Rück­kehr in die USA gemein­sam mit Rai­ner Pur­win zum Spie­ler­trai­ner. Nach dem zwei­ten  Meis­ter­ti­tel 1984 und der Euro­pa­meis­ter­schaft 1985 mit dem deut­schen Team wech­selte er ganz an die Sei­ten­li­nie und fei­erte 1986  den drit­ten Tri­umph mit sei­nen Raub­kat­zen.

Nach vier ‚mage­ren‘ Jah­ren, in der die Pan­ther aber wei­ter zu den vier top-Teams in Deutsch­land zähl­ten, trat Wal­ter foot­bal­le­risch ein wenig kür­zer und wid­mete sich  Stu­dium und Berufs­ein­stieg. Aller­dings: Mit der Grün­dung der World League of Ame­ri­can Foot­ball (spä­ter NFL Europe) fan­den seine Träume vom Ein­stieg in den Profi-Foot­ball Nah­rung. Durch beste Kon­takte zum dama­li­gen Pres­se­chef der Frank­furt Galaxy war er nicht nur am ers­ten deut­schen Profi-Team als (Trai­nings- und Spiel-) Beob­ach­ter haut­nah dran. Son­dern auch als fach­kun­di­ger Assis­tenz­trai­ner bei vie­len Cli­nics, Sich­tun­gen und Lehr­gän­gen der NFL von den US-Coa­ches gefragt. Nur fol­ge­rich­tig holte Chris­tos Man­t­zari­dis, der ab 1990 den Neu­auf­bau der Pan­ther als Head­coach ein­ge­lei­tet hatte, Wal­ter in sei­nen Trai­ner­stab. Zwei wei­tere Titel mit den Raub­kat­zen waren 1992 und ‘94 die fast schon logi­sche Folge – ehe er sei­nen Profi-Traum wahr machen konnte.

Zur Grün­dung des WLAF-Teams Rhein Fire in sei­ner Hei­mat­stadt fiel die Wahl für den Pos­ten des ‚Natio­nal Coa­ches‘ fast schon ‚natür­lich‘ auf Roh­lfing. Einer­seits zeich­nete er ver­ant­wort­lich für die Inte­gra­tion der deut­schen und euro­päi­schen Spie­ler im Kader, ande­rer­seits betreute er allein­ver­ant­wort­lich die Defen­sive Line des Teams, das 1998 und 2000 zwei­mal den World Bowl in die Rhein-Metro­pole holte. Als er schließ­lich ein­se­hen musste, dass es für einen deut­schen Trai­ner kei­nen wei­te­ren Auf­stieg Rich­tung NFL geben konnte, kehrte er in den Ama­teur-Foot­ball zurück. Schon 1987 hatte Wal­ter erst­mals auch das Amt als Chef­trai­ner der  National­mannschaft über­nom­men und diese in Finn­land zur Vize-Euro­pa­meis­ter­schaft geführt. 1989 (EM-Drit­ter) und wie­der ab 1997 führte er die National­mannschaft als Head Coach. In den 2000er Jah­ren gehörte er dem Trai­ner­stab des deut­schen Teams regel­mä­ßig als Defense-Coach an und hatte gehö­ri­gen Anteil an den EM-Titeln 2001 und 2010, dem Gold bei den World Games 2005 in Duis­burg und an der WM-Bronze in Japan 2007.

Genug ist nicht genug, das galt für ihn lei­der auch bei den spä­te­ren Sta­tio­nen. 2000 und 2001 zurück als Pan­ther-Chef­trai­ner, 2002 bei den Saar­land Hur­ri­ca­nes und 2003 bei den Ass­in­dia Car­di­nals ging den Ver­ei­nen ange­sichts von Wal­ters allzu ambi­tio­nier­ten Plä­nen die Finan­zen aus. Ebenso bei den Mön­chen­glad­bach Mavericks, die er ab 2008 von der Ober­liga bis ins Halb­fi­nale der GFL führte. Auch dort been­de­ten Geld­pro­bleme seine Erfolgs­se­rien. Zudem wur­den in jenen Jah­ren seine gesund­heit­li­chen Pro­blem immer gra­vie­ren­der, er zog sich zwangs­weise zurück. Den Foot­ball welt­weit hatte Wal­ter aber wei­ter im Blick und auch immer eine qua­li­fi­zierte Mei­nung dazu. Ein kur­zer Plausch oder auch eine lange Dis­kus­sion mit ihm war immer erfri­schend und bele­bend, denn: So unbarm­her­zig, for­dernd und knall­hart der Trai­ner Roh­lfing sein konnte, der Experte Roh­lfing war ein char­man­ter, lie­bens­wer­ter Mensch, der vor Kri­tik nie zurück­schreckte, aber dabei nie ver­let­zend, son­dern stets offen und freund­lich war.

Nach­dem er den Auf­stieg sei­ner Pan­ther im Jubi­lä­ums­jahr noch des öfte­ren vor Ort im Pan­ther-Gehege ver­folgt hatte, musste er im ver­gan­gen Jahr die Spiele am hei­mi­schen PC ver­fol­gen. Selbst zur offi­zi­el­len Ein­füh­rung in die Hall of Fame konnte er nicht mehr per­sön­lich erschei­nen. Trotz­dem sitzt der Schock über den allzu frü­hen Ver­lust eine guten Freun­des tief. Als Trost möch­ten wir abschlie­ßend aus ‚foot­ball-aktu­ell‘ zitie­ren: „Die Spie­ler, die mit ihm den gan­zen Weg gin­gen, waren danach immer bes­sere Spie­ler als zuvor – und wahr­schein­lich auch bes­sere Men­schen, denn ein bes­se­res Vor­bild oder einen bes­se­ren Men­tor als Wal­ter Roh­lfing konn­ten sie sich nicht wün­schen.“

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